Wer plant denn da?

Ein Projekt dieser Grösse braucht unglaublich viele Expertinnen und Experten die ihren Teil beitragen, aber auch Leute, die all diese Expertisen koordinieren und zusammenbringen. Hier versuche ich kurz alle Akteur*innen in chronologischer Reihenfolge vorzustellen – so wie sie zum Projekt gestossen sind.

Planer*innen der Stadt Bern

Die Planung der Umnutzung des Warmbächli-Areals beschäftigt verschiedene Stellen in der Stadt schon sehr lange. Das Geschäft wurde über Jahre im Fonds für Boden und Wohnbaupolitik vorbereitet. 2010 hat die SP in einer von der AG Wohnen formulierten Motion im Stadtrat gefordert, dass die Stadt das Areal erwirbt und im Baurecht abgibt, Vorgaben macht bezüglich Nachhaltigkeit und gemeinnützigem Wohnraum und das Areal kleinräumig parzeliert, damit sich auch kleinere Bauträger beteiligen können. Im Fonds wurden auch die Regeln für den Städtebaulichen Wettbewerb formuliert, unter anderem die Vorgabe, dass das Gebäude an der Güterstrasse 8 nicht zwingend abgerissen werden muss.

Im Wohnstadt Newsletter von 2012 (PDF) wird eine Vorprüfung erwähnt die 2010 abgeschlossen wurde (Im selben Newsletter wird auch ein Baustart 2015 erwähnt…) und in der Abstimmungsbotschaft von 2012 werden Modelle von 2007 gezeigt.
Die Stadt, insbesondere Immobilien Stadt Bern (ISB) stehen natürlich am Anfang des Planunsprozesses und haben mit diversen Studien die Grundlagen gelegt. 2012 hat sie einen Städtebaulichen Wettbewerb ausgeschrieben und die Jury hat den Gewinnern einen direkten Auftrag für das Baufeld O2 (Güterstrasse 8) zugesprochen. So kamen BHSF Architekten ins Spiel:

BHSF Architekten

Tim Seidel diskutiert an einem Plenum mit Genossenschaftsmitgliedern.

Das Architekturbüro BHSF aus Zürich wurde 2007 von Tim Seidel, Axel Humpert und Ben Boucsein gegründet. Als Büro mit noch wenig Referenzen konnten sie sich 2012, in Arbeitsgemeinschaft mit Christian Salewski, als Nachwuchsteam für den Städtebaulichen Wettbewerb fürs Warmbächliareal qualifiziert und gewannen diesen mit dem Projekt „Strawberry Fields“. Nicht nur wir von der Genossenschaft mussten lange warten, auch für die Planer waren die Jahre bis zum Start der Planung sehr lang. Die Genossenschaft konnte 2014 Geld auftreiben für eine kleine Vorstudie, die richtige Planung ging jedoch erst Mitte 2017 los. Für diese Phase hat sich BHSF auf Wunsch der WBG Warmbächli mit einem Berner Büro mit lokalem Netzwerk und viel Erfahrung in der Realisierung (IttenBrechbühl) zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Mit der Genossenschaft hat die ARGE (Arbeitsgemeinschaft) einen Generalplanervertrag abgeschlossen, das heisst, die ARGE beauftragt sämtliche Fachplaner selber.

BHSF hat mittlerweile ungefähr achtzehn Mitarbeitende von denen einige Vollzeit an unserem Projekt mitarbeiten.

WBG Warmbächli/Baukommission

Ein Modell des Hauses an der Retraite 2013. Schon da haben wir uns mit den überhohen Räumen auseinandergesetzt.

Herauszufinden was in unserem Haus dann mal stattfinden soll und was für eine Infrastruktur es dazu braucht, war für viele Jahre das Kernthema der Genossenschaft. Die in vielen Workshops gemeinsam entwickelten Ideen sind schlussendlich im Planungsleitfaden zu einer (relativ) konkreten Bestellung an die Planenden verdichtet worden. In dem Sinne haben sich alle Genossenschaftsmitglieder an der Planung beteiligt. Die Umsetzung dieser Bestellung wird durch die Baukommission begleitet. Sie ist vom Vorstand eingesetzt und verantwortlich für die Umsetzung der Ideen der Genossenschaft. In diesem Blogbeitrag wird das Thema Entscheiden in der Bauko und seine Herausforderungen ausführlich diskutiert.

Die aktuelle Baukommission von links nach rechts: Guy Jaun, Rachel Picard (mit Simonas Sohn Ruben), Simona Zimmermann, Anita Destapado, Tobias Willimann und Andy Limacher.

ISGH

Die Infrastrukturgenossenschaft Holligen ist der Zusammenschluss der sechs gemeinnützigen Bauträger auf dem Areal. Sie plant, realisiert und betreibt den gesamten Aussenraum zwischen den Häusern und koordiniert auch die Baustellen der einzelnen Bauprojekte. Sie hat eine eigene Baukommission in welcher alle Bauträger vertreten sind.

Projektleitung Bau WBG Warmbächli

Mit dem Start des Bauprojekts brauchten wir eine professionelle Bauträgervertretung, welche uns den Planenden gegenüber mit viel Fachwissen und Erfahrung vertritt. Glücklicherweise konnten wir die perfekte Person für diese Rolle gewinnen. Claudia Thiesen ist Architektin und hat in Zürich schon verschiedene genossenschaftliche Bauprojekte begleitet, unter anderem für die Genossenschaft Kraftwerk 1 – wo sie auch wohnt. Sie hat Erfahrung mit partizipativen Genossenschaften, neuen Wohnformen und der Vertretung von Bauträgern in grossen Projekten. Sie Arbeitet mit einem Teilzeitpensum für die Genossenschaft Warmbächli und hat diverse weiter Mandate in diesem Bereich.

Projektleiterin Claudia Thiesen erzählt an der Retraite 2017 etwas über ihre Erfahrung mit der Wohnungsvermietung.

Til Rösler hat ein Mandat als Stellvertreter von Claudia und Vertritt die Interesse der WBG Warmbächli in der Infrastrukturgenossenschaft Holliger (ISGH). Er hat ein Architekturbüro in Bern und ist schon lange und intensiv wohnpolitisch engagiert. Er hat unser Projekt seit Anfang an mit seiner Expertise und seinem Netzwerk unterstützt. – Ohne sein freiwilliges Engagement wäre der Start viel schwieriger gewesen!

Til Rösler (rechts) diskutiert mit Therese Wüthrich und Stefan Geissbühler von der Verwaltung. Till hat die Genossenschaft von Beginn an begleitet und ist stellvertretender Projektleiter.

Itten+Brechbühl

Das Architekturbüro Itten+Brechbühl wurde vor fast 100 Jahren in Bern gegründet und hat mittlerweile 300 Mitarbeiter*innen an 7 Standorten in der Schweiz. Sie bringen das Know-How für Kostenschätzungen und Baustellenleitung, das Unternehmer-Netzwerk und Kenntnisse zu lokalen Behörden und Regeln mit und ergänzen damit BHSF im Generalplanerteam. Der Lead auf Seite I+B liegt bei Jürg Born, er ist Architekt und Mitglied der Geschäftsleitung. Als Bauleiter steht Marco Kämpfer täglich auf der Baustelle und koordiniert die Schnittstelle zwischen Planung und Ausführung.

Die Fachplaner

BHSF und IttenBrechbühl haben als Generalplanerteam diverse spezialisierte Fachplanungsbüros beigezogen:

Wir haben zusätzlich noch folgende Spezialisten direkt als Genossenschaft beauftragt:

Vermutlich hab ich irgend jemanden vergessen. Bitte meldet euch, dann werde ich diese Aufzählung natürlich aktualisieren.

Entscheiden, Entscheiden, Entscheiden

Die Baukommission steht zum zweiten Mal vor den Fassaden-Mockups – und ist sich nicht überall einig.

Entscheiden, nicht Entscheide

Die Arbeit der Baukommission besteht zu einem grossen Teil daraus, Entscheide zu fällen. In diesem Beitrag soll es nicht um die Ergebnisse dieser Entscheide gehen, sondern um die Herausforderungen im Enscheidungsprozess. Natürlich sind auch die Resultate der Entscheide von Interesse, im Moment vermutlich besonders die Entscheide zu Materialisierungen. Einige davon werden in diesem Beitrag angedeutet. Noch ist aber nicht alles in Stein gemeisselt, was hier auf den Bildern erkennbar ist. Sobald es dann so weit ist, werde ich einen Beitrag machen zum Thema Materialisierung – und von der Fassade bis zur Fussleiste jedes Detail vorstellen (oder zumindest das meiste).

Wer entscheidet was?

Fenster innen: Wie stark vergilbt das lackierte Holz? Wie sieht das wohl in 5 Jahren aus?
Wie wirkt es dann im Raum? Wie sehen eigentlich die Fussleisten aus?

Ein Bauprojekt wie unseres bedingt unglaublich vieler Entscheide. Die Kunst ist es, jedem Entscheid das richtige Gewicht beizumessen. Was kann der Zeichner des Elektroingenieurs selber entscheiden? Was der Elektroingenieur? Wo muss er die Architekt*innen beiziehen? Wann müssen diese die Projektleiterin Bau der Genossenschaft fragen? Was soll sie in den Bauausschuss oder die Baukommission einbringen? Was kann die Bauko entscheiden? Haben wir eine Grundlage? Vielleicht doch lieber die Verwaltung konsultieren? Oder müssen wir gar einen Workshop machen und alle Genossenschaftsmitglieder dazu einladen?

Und dann stellt sich natürlich auch die Frage nach den Rahmenbedingungen: Wann brauchen wir den Entscheid? Was sind die Konsequenzen, wenn er verzögert wird? Was wir im Grundsatz wollen mit unserem Gebäude, haben wir zu Beginn der Planung im Planungsleitfaden zusammengefasst. Dieser entstand in einem langen, partizipativen Prozess. Wir haben auch festgehalten, welche Kompetenzen und Aufgaben den einzelnen Gremien und Posten zukommen. Trotzdem gibt es immer wieder Entscheide, bei denen nicht klar ist, von wem sie gefällt werden müssen. – Oder bei denen wir uns nicht einig sind, in wessen Kompetenz sie fallen.

Unvollständige Entscheidungsgrundlagen

Blendrahmen, Blockrahmen, Metallzargen, oder doch Blockfutterzargen?

Eine grosse Herausforderung bei vielen Entscheiden ist, dass die Basis, auf der ein Entscheid gefällt wird, fast immer noch besser und eindeutiger sein könnte. Man hat nie alle Informationen zur Verfügung, die für einen absolut rationalen Entscheid nötig wären. Hier ein paar Beispiele:

  • Kosten: Die Kosten verschiedener Varianten lassen sich häufig nur ungefähr beziffern. Wie viel teurer Holzoberbauten in den Küchen wirklich wären, erfahren wir zum Beispiel erst, wenn sie fertig gezeichnet sind und wir Offerten von Unternehmen bekommen haben.
  • Nachhaltigkeit: Detaillierte Aussagen zur grauen Energie, die in unterschiedlichen Varianten von Bauteilen steckt, sind sehr aufwändig zu recherchieren – meistens handelt es sich demnach nur um Annäherungen. Häufig arbeitet man mit Aussagen wie: „Kunststoff ist leichter als Glas und hat einen tieferen Schmelzpunkt. Entsprechend steckt weniger graue Energie in der Lichtkuppel aus Kunststoff als in derjenigen aus Glas.“
  • Nutzung: Wir gehen davon aus, dass das Gebäude auf eine bestimmte Weise genutzt wird, vielleicht wird es aber auch ganz anders. „Werden die extra eingeplanten freien Wandflächen hinter den Zimmertüren dann auch wirklich für Schränke gebraucht?“
Entscheidungsmatrix der Planer*innen zur Frage: Welche Oberlichter über den Treppenhäusern? Kosten, Reinigung, Sichtbezug, Brandschutz, Absturzsicherung, Wärmeschutz, Lebensdauer, graue Energie. Am Schluss vor allem: Ist der klare Blick aus dem Treppenhaus in den Himmel 30’000 Franken wert? (Die Bauko meinte: Ja.)

Zu jedem Aspekt könnte jedes Mal eine Studie in Auftrag gegeben und/oder ein Workshop durchgeführt werden. Kommt dazu, dass die verschiedenen Aspekte auch zueinander in Bezug gesetzt werden müssen: Wie viel teurer ungefähr darf das Bauteil sein, wenn es dafür vermutlich eine deutlich längere Lebensdauer hat? Wie viel besser muss etwas aussehen, um den zusätzlichen Aufwand bei der Reinigung zu rechtfertigen?

Ästhetik

Die Architekten Tim Seidel und Pascal Hendrickx von BHSF haben viel Zeit in Konzepte und Entscheidungsgrundlagen investiert – und dann nochmals Zeit, um unsere Rückmeldungen wieder einzuarbeiten.

Entscheide, bei denen die Ästhetik im Vordergrund steht, sind besonders schwierig zu fällen. Rationale Abwägungen helfen nur wenig und Argumente sind schwierig gegeneinander abzuwägen.
Am Anspruch, einen Konsens in Ästethik-Fragen zu finden, sind schon viele Gruppen gescheitert. Uns ist klar, dass ein solcher Konsens nicht herbeidiskutiert werden kann, falls er nicht einfach von sich aus entsteht. Im Idealfall kann eine klare Mehrheit der Baukommission den Entwurf der Planer*innen mittragen, ansonsten kommt es zu Rückweisung mit Auftrag zur Überarbeitung – oder zu einer Abstimmung.

Die Farbe der Fenster aussen: Zu blass, wirkt bilig, viel wärmer, zu wenig Kontrast, zu grell, diverse positive und negative Assoziationen – am Schluss muss man Abstimmen.

Was dagegen hilft

Diesen sehr vielseitigen Herausforderungen begegnen wir mit breit abgestütztem Wissen und vielen Erfahrungen – sowohl in der Baukommission als auch von Seiten der Planern*innen. Für die Grundrichtung der Entscheide kann sich die Baukommissoin auf die partizipativ erarbeiteten und von der Generalversammlung verabschiedeten Grundlagen im Planungsleitfaden beziehen. Es braucht aber auch immer ein gute Portion Mut Vertrauen in die Mitstreiter*innen und genügend Gelassenheit, auch mal mit seiner eigenen Meinung zu unterliegen.
An einigen Ecken des Hauses wird sich erst in Zukunft zeigen, ob wir richtig entschieden haben – und bei vielen Punkten werden wir nie wissen, ob es nicht doch noch ein bessere Lösung gegeben hätte.

Sehenswert: die Wohnungsausschreibung

Unsere Wohnungen sind ausgeschrieben! Bewerben können sich zwar nur Genossenschaftsmitglieder, ein Blick auf die Ausschreibungsseite lohnt sich aber auch für alle die sich generell für unser Projekt interessieren.

Hier findet ihr Grundrisse aller Wohnungen mit einer Animation welche die Lage im Haus zeigt. Hier gibt es Stockwerkpläne als PDF und Grundrisse und Skizzen von beispielhaften Wohnungen. Auch sonst sind auf diesen Seiten viele wichtige Infos über unser Projekt nochmals zusammengefasst.

Bestand erhalten: Lohnt sich das?

An der Güterstrasse steht im Moment nur noch ein Betonskelett mit vielen Löchern drin. Immer wieder kommt die Frage auf: Wäre es nicht einfacher/günstiger/besser/nachhaltiger gewesen das Gebäude komplett abzureissen und neu anzufangen?

Was bleibt, was kommt weg?

Mit dem Schieber kannst du zwischen dem Foto des übrig gebliebenen Bestands und der Visualisierung des fertigen Gebäudes wechseln. Die Ruine wird aufgestockt und bekommt ein neues Kleid. Visualisierung Fassade: BHSF Architekten

Lohnt sich das? Schwierige Frage

Neben der Fassade und dem Silo wurden auch alle inneren Wände und Einbauten entfernt.

Ich hab mich sehr schwer getan mit dem Schreiben dieses Beitrags, das Thema ist komplex. Die Frage ist hypothetisch, absolut berechtigt, sehr vielschichtig und nicht abschliessend zu beantworten – mal abgesehen von der Antwort «der Erhalt war eine städtebauliche Vorgabe, wir hatten keine Wahl».

Ein grosses Problem bei dieser Frage ist: Mit was vergleichen wir den geplanten Ist-Zustand? Beim Planen eines Neubaus wären uns 3.6 und 4.6 Meter Raumhöhe für Wohnungen nicht mal im Traum in den Sinn gekommen, und auch 24m Gebäudetiefe, wie im jetzigen Bestand hätten wir wohl nicht geplant. Die Kellergeschosse wären bei einer neuen Planung selbstverständlich auch massiv kleiner ausgefallen. Ein Vergleich mit einem gleichartigen Neubau ergibt also keinen Sinn.

Auch ein Vergleich mit einem «vernünftigen» Neubau am selben Ort ist schwierig. Die ökologischen und ökonomischen Kosten für den Rückbau müssen einbezogen werden – wir könnten ja auch dann nicht auf der grünen Wiese bauen.

Ich habe trotzdem versucht ein paar Aspekte zusammenzutragen und hier darzulegen.

Zahlen

Ich habe bei den Zahlen den Schwerpunkt auf Beton gelegt. Es sind natürlich auch ganz viele andere Materialien in den Rück- und Aufbau involviert, aber Beton macht beim Erhalt des Bestandes sicher den grössten Brocken aus. Die Zahlen sind aus verschiedenen Quellen und nicht unbedingt präzise, insbesondere die Menge Betonabbruch ist noch nicht sehr präzis.

in Tonnenin Kubikmeter
Beton der stehen bleibtca. 21’250ca. 8’500
Beton der abgebrochen wirdca. 5’000ca. 2’000
Beton der neu eingebaut wirdca. 9’250ca. 3’700

Auch wenn es aussieht als ob nicht viel stehen bleibt, ist dem also nicht so. Viel Beton ist natürlich auch in den Fundamenten und Untergeschossen verbaut und nicht auf den ersten Blick sichtbar.

Hier doch noch ein paar weitere Zahlen zum Ausmass des Rückbaus anderer Materialien.

Metalle200 Tonnen
Inertstoffe (v.a. Backstein)2000 Tonnen
Gips/Leichtbausteine90 Tonnen
Altholz200-500 m3

Überlegungen

Da auch die aussteifenden Kerne entfernt wurden, muss das Skelett temporär mit Baumstämmen stabilisiert werden.

Laut unserem Bauphysiker Pius Leuba (Grolimund+Partner) konnten wir mit dem Aushub und den Fundamenten, die wir übernommen haben, sehr viel graue Energie einsparen. Geschmälert wird die Einsparung durch die betonierten, neuen Treppenhauskerne, welche wegen der Erdbebenertüchtigung des Gebäudes sehr massiv sein müssen. Die hohen Geschosse ergeben bei allen Innen- und Aussenwänden grössere Flächen, das braucht mehr Material, also auch mehr Energie in der Herstellung. Ob der Erhalt wirklich ein Gebäude mit einem kleineren ökologischen Fussabdruck ergibt als ein vernünftiger Neubau mit gleich viel Wohn- und Gewerbebau? Schwer zu sagen.

Das selbe gilt für die Kosten. Wir haben uns Kostenziele gesetzt und mussten in der Planungsphase hart Sparpotentiale suchen. Die Mieten sind vertretbar, aber es gibt Beispiele die zeigen, dass Neubauten günstiger (pro m2 Wohnfläche) sein können als unser Umbau. Wäre das aber auf unserm Baufeld möglich gewesen? Und welche Qualitäten bieten wir zusätzlich mit unserem Umbau?

Der Erhalt des Bestandes bringt klar Qualitäten. Wir ziehen in ein Haus mit Geschichte, das Gebäude wird weiterhin die Proportionen eines Industriebaus haben, auf Seite Güterstrasse erinnern die Lieferrampe und im Innern die dicken Säulen an die Nutzung als Lagerhaus. Viele von uns haben in dem Haus vor dem Umbau als Zwischennutzer*innen schon unzählige Sitzungen abgehalten, Feste gefeiert und auch gearbeitet.
Die hohen Räume bieten Wohnqualität die wir uns in einem Neubau nicht geleistet hätten und die Gebäudetiefe führt zu Grundrissen die mehr Platz für Stauraum (Reduits!) bieten.

Fazit

Praktischerweise können wir uns ja auf die Vorgaben des Städtebaulichen Wettbewerbs berufen und müssen die Verantwortung für den Entscheid, das Gebäude stehen zu lassen, nicht alleine tragen. Die Würfel sind sowieso schon lange gefallen, es gibt kein Zurück. Ich persönlich bin froh, dass wir gezwungen sind diesen Umbau zu wagen. Der Bestand garantiert, dass wir unkonventionellen Wohnraum schaffen und nicht aus Vorsicht plötzlich mit einem durchschnittlichen Neubau enden.

Für die, die noch mehr «Was wäre wenn…» Fragen diskutieren wollen: Hätten wir das Gebäude auch mit sehr sanften Umbaumassnahmen in guten, nachhaltigen Wohnraum verwandeln können? Einiges spricht dagegen, spannend ist die Frage trotzdem.

Was meint Ihr?

Ich würd mich auf Meinungen, Fragen und Diskussionen in der Kommentarspalte freuen. Schreibt was ihr zu diesem Thema denkt!

Fotos: Daniel Kaufmann